Rheumatische Erkrankungen
Von rheumatoider Arthritis (RA) sind 0,5-1% der Weltbevölkerung betroffen. Häufige Erstmanifestationen sind Gelenkschwellungen, Schmerzen, Steifigkeit der Finger, sowie allgemeines Krankheitsgefühl bis hin zu Fieber. Abgesehen von der Beurteilung der Gelenke durch einen Spezialisten werden zur Diagnose auch Laborwerte, allen voran sogenannte ACPA (anti-citrullinierte Protein-Antikörper) herangezogen, welche für die Krankheit sehr spezifisch sind. Der klassische Rheumafaktor ist - je nach Alter - in ca. 5% der Bevölkerung positiv. Ein positiver Rheumafaktor im Blut ist daher nicht mit der Krankheit „chronische Polyarthritis“ gleichzusetzen. Röntgen- u. MRT-Befunde werden ebenfalls zur Diagnosefindung eingesetzt. Nachdem die Therapie der RA in den letzten 20 Jahren durch den Einsatz von Biologikatherapien revolutioniert wurde, kommt der besonders frühen
Diagnose dieser Erkrankung eine besondere Bedeutung zu, zumal durch frühe Diagnose und dadurch früh eingeleitete Therapie dauerhafte Gelenkschäden und Funktionseinschränkungen hintangehalten werden. Ein gut eingestellter Rheumapatient sollte weder im Alltag noch in der Berufsausübung eingeschränkt sein. In der Therapie kommen anfänglich zur Schmerz- u. Symptombekämpung NSAR (Nicht-steroidale Antirheumatika) sowie Cortison zum Einsatz. Möglichst frühzeitig sollte eine Therapie mit sogenannten Basistherapeutika eingeleitet werden. Bleibt die Krankheit trotzdem aktiv, werden heutzutage Biologikatherapien angewandt. Physio- und Ergotherapie sind ebenfalls Eckpfeiler der Therapie.
Eine Sonderform der RA ist die juvenile Polyarthritis, die im schon im Kindheitsalter auftritt, es gibt in der Therapieauswahl leichte Unterschiede zur Erwachsenen-RA. Ab dem 18. Lebensjahr wird die Therapie von RheumatologInnen (versus Kinderärzten) übernommen.
a. 10% aller Patienten mit Psoriasis vulgaris erkranken im Krankheitsverlauf auch an einer Psoriasisarthritis, einer entzündlichen Gelenkserkrankung, die typischerweise Rheumafaktor-negativ ist. Typisch sind oft Entzündungen aller Gelenke eines Fingers oder einer Zehe (sogenannte „Wurstfinger/Wurstzehen“). Abgesehen von Gelenksentzündungen können hier auch Symptome wie Augenentzündungen, Entzündungen der Sehnenansatzstellen an Knochen, entzündliche Darmerkrankungen sowie entzündliche Rückenschmerzen auftreten.
In der Therapie kommen ebenfalls NSAR, Basistherapeutika, und in schweren Verläufen auch Biologika zum Einsatz. Hauterscheinungen sollten gemeinsam mit Dermatologen behandelt werden.
Die ankylosierende Spondylitis („Morbus Bechterew“) befallt im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis verhältnismäßig mehr Männer als Frauen. Typisches Symptom ist der sogenannte entzündliche Rückenschmerz, der definiert ist durch Morgensteifigkeit, Besserung der Schmerzen durch Bewegung, nächtliches schmerzbedingtes Aufwachen (typischerweise in der zweiten Nachthälfte) und alternierenden Gesäßschmerz. Die Krankheit tritt in den allermeisten Fällen vor dem 40. Lebensjahr auf, wird aber leider noch immer zu spät diagnostiziert bzw. fehldiagnostiziert. Eine Magnetresonanztomografie der Kreuz-Darmbeingelenke kann die Erkrankung schon früh enttarnen– noch bevor am klassischen Röntgenbild Anzeichen zu erkennen sind. Die Behandlung besteht bei leichten Fällen aus NSAR, in schweren Fällen ebenfalls aus bestimmten Biologikatherapien. Wenn periphere Gelenke mitbetroffen sind, wird auch mit Basistherapeutika behandelt.
Diese sehr schmerzhafte Form der Gelenkentzündung manifestiert sich oft an typischen Stellen wie dem Grosszehengrundgelenk, den Sprung- u. Kniegelenken sowie an den Handgelenken. Die Entzündung der Gelenke entsteht oft sehr schnell, und ist häufig auch durch rot- bis lila-Verfärbungen des betroffenen Gelenks charakterisiert. Unbehandelt kommt es meist zu immer öfter auftretenden Gichtschüben, die letztendlich zu Gelenkszerstörungen führen können, die auch am Röntgenbild ersichtlich sind, und zu Funktionseinschränkungen führen.
Abgesehen von medikamentösen Behandlungsmethoden (NSAR, kurzfristige Kortisongabe, kurzfristige Colchizingabe) ist eine Lebensstil- u. Ernährungsumstellung von grosser Wichtigkeit.
Die Osteoporose ist die häufigste Knochenerkrankung. Osteoporose wird dann für den Patienten symptomatisch, wenn es zum Auftreten von Frakturen (Knochenbrüchen) kommt, allen voran Oberschenkelhalsfrakturen und Einbrüchen von Wirbelkörpern. Risikofaktoren, die zur Osteoporosentwicklung beitragen sind Alter, Geschlecht, niedriges Körpergewicht, Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum, chronische Kortisoneinnahme, rheumatoide Arthritis sowie eine Historie von Knochenbrüchen in der Familienanamnese. Zur Feststellung, ob eine Osteoporose vorliegt, bzw. wie hoch das Risiko einer osteoporotisch bedingten Fraktur ist, ist nicht nur die Messung der Knochendichte notwendig. Auch Labor – und Röntgenuntersuchungen müssen zur Einstellung einer individuellen Osteoporosetherapie herangezogen werden. Auch in neuen Optionen der Osteoporosetherapie waren in den letzten Jahren grosse Fortschritte zu verzeichnen.
„Arthrose“ wird im deutschen Sprachgebrauch gerne als „Abnützung“ bezeichnet, was dazu führt, dass viele Patienten glauben, sie hätten diese Krankheit selbst verursacht. Die Entwicklung von Arthrosen zieht sich oft über viele Jahre, bis es schliesslich zu Symptomen kommt. Heute weiss man, dass die Entstehung von Arthrosen multifaktoriell bedingt ist. Zur Differenzierung, ob eine entzündliche oder nicht entzündliche Erkrankung bei Gelenkbeschwerden vorliegt, bedarf es einer Kombination aus genauer Erhebung der Krankengeschichte, Labor- u. Röntgenbefunden, sowie manchmal Ultraschalluntersuchungen der Gelenke. „Schwellungen“ der Gelenke sind im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis knöchern, die Beschwerden bessern sich üblicherweise durch Bewegung („Anlaufschmerzen“). So vielfältig sich Arthrosen präsentieren können, so vielfältig ist auch deren Therapie. Zur Schmerzbehandlung kommen NSAR, Paracetamol, Opioide, lokale Infiltrationstherapien, physikalische Therapien, gezielter Muskelaufbau, Einlagenversorgung, Gewichtsreduktion und manualtherapeutische Massnahmen zum Einsatz. Bei fortgeschrittener, therapieresistenter Arthrose der Gelenke muss nach Ausschöpfung aller konservativer Therapiemassnahmen eine Gelenksersatzoperation erwogen werden.
Die Wahrscheinlichkeit, irgendwann im Leben an Rückenschmerzen zu leiden wird mit bis zu 84% angegeben. Akute Rückenschmerzen (weniger als 6 Wochen bestehend) haben üblicherweise mit der richtigen Therapiekombination eine 90%ige Genesungschance. Wenn jedoch Rückenschmerzen auch in vollkommener Ruhe anhaltend und resistent auf Schmerztherapie sind, oder wenn es zu Lähmungerscheinungen von Muskeln (bis hin zu unabsichtlichem Harn- oder Stuhlverlust ) kommt, sollte unbedingt eine rasche Abklärung erfolgen. Als Ursache kommen Bandscheibenvorfälle, Wirbelkörpereinbrüche, knöcherne Einengungen des Rückenmarkkanals sowie Entzündungen in Betracht. Chronische Rückenschmerzen werden nach entsprechender klinischer und röntgenologischer Untersuchung kombiniert behandelt: medikamentöse Schmerztherapien inklusive Muskelrelaxantien, physikalische Massnahmen (TENS, Massagen, Ultraschalltherapien), ergotherapeutische Massnahmen wie Rückenschule, aktive Heilgymnastik, Manualtherapie und Entspannungstraining kommen zum Einsatz.